VANITAS UND VERWESUNG

Damien Hirst zeigt seine Serie «Cherry Blossoms» in der Fondation Cartier in Paris.

Nina Huber
26. Mai 2021
Damien Hirst in studio

Zu Hunderten säumen die altehrwürdigen Kirschbäume die Flussufer Kiotos, zieren die Parks von Kanazawa und verzücken Jahr für Jahr nicht nur die Japanerinnen und Japaner, sondern Touristen aus aller Welt. Nur ein Bruchteil der bauschigen, zartrosa Blüten wird je befruchtet und bringt eine kleine, saure Frucht hervor. Die japanischen Zierkirschen sind so etwas wie eine Verschwendung der Natur.

Vielleicht spielte dieses Paradoxon mit, als sich Damien Hirst (55) die Kirschblüte zum Motiv auserkor. «Bei den Kirschblüten geht es um Schönheit, Leben und Tod. Sie sind extrem – es haftet ihnen fast etwas Kitschiges an. Sie sind schrill und unordentlich und zerbrechlich. Sie sind dekorativ, aber natürlich», sagt der Künstler.

Drei volle Jahre hat er an der Serie gearbeitet. Die Pandemie hat ihm noch mehr Zeit verschafft, «um mit den Gemälden zu leben, sie anzuschauen und wirklich sicherzugehen, dass sie ganz fertig sind». Entstanden sind 107 grossformatige Werke, einige setzen sich aus zwei Teilen, drei oder sogar sechs zusammen.

Mit der Serie fand der Brite zur Malerei zurück: «Ich habe mein ganzes Leben lang eine Romanze mit der Malerei gehabt, auch wenn ich sie gemieden habe. Als junger Künstler reagiert man auf Zusammenhänge, auf die eigene persönliche Situation. In den 80er-Jahren war Malerei nicht wirklich der Weg, den man gehen wollte.»

Hirst knüpft mit seinen Kirschblüten mit spielerischer Ironie an die traditionelle Landschaftsmalerei des 19. Jahrhunderts an, vereint dabei Elemente des Impressionismus, des Pointillismus und des Action-Paintings – als hätten sich Claude Monet (1840-1926), Giovanni Segantini (1858-1899) und Jackson Pollock (1912-1956) gleichzeitig ausgetobt.