Aus der Corona-Zeit nimmt von Scarpatetti viele starke Erlebnisse mit. «Als ich unterwegs war, wie beispielsweise in Vevey VD, entstanden spontane Konzerte, an denen mir Menschen zuhörten, die sonst nie Konzerthallen betreten, aber zum Klang meiner Songs weinten.» Solche Momente sind es, die die Chansons-Sängerin berühren. Ausserdem habe sie im vergangenen Jahr diesen starken Eigenwillen verspürt, der unbremsbar gewesen sei, erzählt sie. «Mein Antrieb war unglaublich gross und mich hat die Situation dazu angetrieben, Dinge einfach zu tun, und nicht länger darauf zu warten.»
Liebe zur Musik sitzt tief
So freut sich von Scarpatetti im Moment sehr auf das Erscheinen ihres Albums, hinter dem ein langer Schaffensprozess steckt. Zum Schreiben von Songs geht die Sängerin am liebsten in Bars. Inspirieren lässt sie sich dabei von ihrem Alltag und all den Erlebnissen, die dieser bereithält. «Das kann eine Beobachtung von jemanden sein, der sich lustig verhält. Oder jemand, der etwas Inniges erzählt. Vor allem, aber nicht nur, bin ich aber romantisch und melancholisch in meinen Chansons, dagegen kann ich einfach nichts tun», sagt die Baselbieterin.
Wenn sie in ihrem Atelier in Dietikon ist, das sie sich mit anderen Kreativschaffenden teilt, übt von Scarpatetti mit ihren Instrumenten – oft zusammen mit ihrer Bratschistin Iliyana Kazakova –, schreibt an Liedern oder probt für ihren nächsten Auftritt als Schauspielerin. Das Gebäude ist eine ehemalige Schreinerei, die Scarpetteti aber extravagant eingerichtet hat: Die Inneneinrichtung besteht aus vielen Unikaten. Im Zimmer der 34-Jährigen steht eine alte Nähmaschine, am Boden türmen sich CDs und an den Wänden hängen alte Bilder. Im Gemeinschaftsraum steht ein Vintage-Flipperautomat, der für Scarpatetti zugleich grosse Passion und Entspannung im Feierabend ist.
Wenn das vielbeschäftigte Multi-Talent mal frei hat, dann kümmert sie sich am liebsten um ihr Haus in Südfrankreich. Dort schneidet sie Lavendel oder hilft ihrer Schwester auf dem Feld. «Sie ist Gemüsebäuerin, und ich gehe ihr bei der Ernte zur Hand.» Von Scarpatetti geniesst es ausserdem, in einem ruhigen Moment und abseits vom Tour-Stress ihre Gitarren neu zu besaiten.
Die Liebe zur Musik sitzt in der Baselbieterin tief; sie wurde ihr sogar mit in die Wiege gelegt. Ihre Mama habe viel gesungen, schon als sie mit ihr schwanger war, erzählt sie. «Meine Mutter unterrichtete klassischen Gesang am Konservatorium in Fribourg. Davon wollte ich aber nichts wissen.» Die Sängerin liebte früher Grunge, während ihre Mama immer fand, das sei nur Geschrei. «Die Geschmäcker sind halt eben verschieden», lacht von Scarpatetti.