Genussoasen

Immer mehr internationale Spitzenköche verwirklichen sich den Traum vom eigenen Bed and Breakfast auf dem Land.

CasaMariaLuigia-Living Room-by-Marco Poderi-2

Der Italiener Massimo Bottura gilt als einer der besten Köche der Welt. Seine Osteria Francescana in Modena führt regelmässig die Liste der internationalen Spitzenrestaurants an, seit 2011 hält sie drei Michelin-Sterne. Im Herbst 2019 entschieden sich Bottura und Ehefrau Lara Gilmore, einen von wilden Gärten umgebenen Palazzo aus dem 18. Jahrhundert (Bild oben) ausserhalb der Stadt zum Bed and Breakfast umzufunktionieren: die Casa Maria Luigia.

«Wir haben viele Jahre gebraucht, um diesen besonderen Ort zu finden, und wir haben ihn mit unseren Lieblingsdingen gefüllt: einer Auswahl aus unserer Sammlung zeitgenössischer Kunst, Büchern und Schallplatten sowie einer Vorratskammer voller ikonischer emilianischer Zutaten wie Parmigiano Reggiano, Aceto balsamico und Lambrusco», erklärt Bottura. Entsprechend wartet im Zimmer zur Begrüssung kein Stück Schokolade auf dem Kopfkissen, sondern eine Flasche Rotwein und ein Stück gealterter Parmesan.

Ähnlich erging es Bertrand Grébaut und Théo Pourriat, den Starköchen der Pariser Restaurants Septime und Clamato. 2018 übernahm das Duo das «D’une Île», ein kleines Landhotel in Rémalard, circa 150 Kilometer ausserhalb der französischen Hauptstadt. «Ich glaube, es ist Traum eines jeden Restaurantbesitzers, sich den ganzen Tag lang um die Gäste kümmern zu können, vom Frühstück bis zum Abendessen, einschliesslich Snacks und Aperitifs», erklärt Pourriat gegenüber dem Magazin «Milk».

Das «D’une Île», ein ehemaliger Weiler aus dem 17. Jahrhundert, bietet Platz für gerade mal acht Schlafzimmer. Anders als in ihren Stadtrestaurants, setzen Grébaut und Pourriat hier draussen auf eine rein lokale Küche. Zur Zubereitung der Gerichte werden hauptsächlich Produkte aus dem eigenen Garten verwendet, alles Weitere stammt aus der unmittelbaren Umgebung.

Inmitten der Berglandschaft des Département des Alpes-Maritimes liegt die Auberge de la Roche. Micka und ihr Ehemann, Chefkoch Louis Philippe Riel, erwarben das Anwesen im September 2019. «Das Haus war seit 1986 verlassen, ohne Wasser, ohne Strom», erzählt Micka Riel. «Das Land war völlig formlos. Dank wochenlangem Umgraben haben wir heute Feinsteinterrassen, Permakultur-Gemüsegärten, einen Hühnerstall, zwei Fumoirs sowie private Terrassen für alle Zimmer.»

Die Auberge verfügt über zwei Schlafzimmer und drei Suiten. Ein Team aus drei Spitzenköchen, alles Ehemalige von Topadressen in Paris und New York, lässt sich von der Verfügbarkeit lokaler Produkte sowie den traditionellen Gerichten der Gegend inspirieren. Was nicht selber angebaut werden kann, wird von hochalpinen Bioproduzenten bezogen.

Aufs Land hat es auch den irischen Spitzenkoch Ruairí de Blacam verschlagen. Nach Zwischenstationen im Ausland kehrte de Blacam 2007 in seinen Geburtsort Inis Meáin zurück, die zweitgrösste der irischen Aran-Inseln. Einwohnerzahl: rund 200 Personen.

Inspiriert von der Abgeschiedenheit, eröffnete der Koch gemeinsam mit Ehefrau Marie-Thérèse ein perfekt an die raue Umgebung angepasstes Restaurant mit fünf Gäste-Suiten, in dem Nachhaltigkeit und Authentizität an vorderster Stelle stehen.

Unter dem Ethos des «elemental eating» bringt de Blacam die Essenz des Insellebens auf den Tisch: Fisch aus dem Atlantik, Früchte aus dem eigenen Gewächshaus, Wurzelgemüse, Seetang. Wo fast nichts wächst, ist alles wertvoll. Und mit dem richtigen Händchen auch essbar. Im Januar 2021 wurde das Restaurant Inis Meáin mit einem Michelin Green Star ausgezeichnet.

Nicht jeder Spitzenkoch trägt Michelin-Sterne am Hut. 1972 begannen Godfrey und Claire Macdonald in ihrer ehemaligen Jagdhütte aus dem 16. Jahrhundert auf Grossbritanniens Isle of Skye Gäste zu beherbergen.

Claire Macdonalds Kochkunst machte schnell von sich reden. Die Kinloch Lodge etablierte sich als Gourmet-Hideaway, und als Claire altersbedingt die Löffel übergab, trat mit dem Brasilianer Marcello Tully ein preisgekrönter Spitzenkoch an ihre Stelle. Auf ihn folgte vergangenen November Jordan Webb, ein junger Brite, der zwar noch über keine Michelin-Sterne, zweifelsohne aber über herausragendes Talent verfügt. Abgesehen von den Zutaten, die ihm von der Umgebung zur Verfügung gestellt werden – Gemüse und Kräuter aus den Gewächshäusern oder Saft, der von den Birken rund um das Hotel abgezapft und zu Sirup verarbeitet wird –, berücksichtigt Webb beim Kochen auch das wechselhafte Wetter: «Wenn es stürmt, kochen wir etwas Deftiges, an Sonnentagen setzen wir auf Leichteres. Unser Ziel ist es, dass alles besser schmeckt als erwartet.» Jedes Menü ist ein Versuch, die Insel und ihre reiche Speisekammer für die Gäste zum Leben zu erwecken.

Die Kinloch Lodge verfügt ausserdem über eine sorgfältig zusammengestellte Weinkarte, die einige der besten biologischen und biodynamisch angebauten Weine der Welt enthält, sowie eine Whiskybar mit über 122 verschiedenen Flaschen.

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