Kostümdesignerin Andrea Kučerová

«Meine Entwürfe mache ich am liebsten nachts, wenn es ruhig ist»

Für über 160 Produktionen hat Andrea Kučerová Kostüme entworfen. Ihr aktuelles Projekt bringt die Tschechin in die Schweiz: Für das «Flashdance»-Musical auf der Walensee-Bühne lässt sie Dauerwelle, Beinstulpen und Neonfarben wiederauferstehen.

Andrea Kučerová

Ohne aufregende Kostüme wären Theater, Musicals oder Filme nur halb so gut. Dahinter stecken kreative Köpfe wie Andrea Kučerová (53). «Kostüme helfen dabei, die verschiedenen Milieus und Situationen darzustellen und zu spiegeln», erklärt die tschechische Kostümdesignerin. Und sie weiss, wovon sie spricht – denn Kučerová ist seit 29 Jahren am Stadttheater Brünn in ihrer Heimat Tschechien angestellt.

Auch nach all den Jahren liebt sie ihre Arbeit noch. «Mein Job ist für mich ein wahr gewordener Traum. Es macht mich unglaublich glücklich, das machen zu dürfen, was ich so liebe», so Kučerová.

Gerade jetzt fühlt sich die 53-Jährige besonders zufrieden, weil sie Teil des Teams der Schweizer Musical-Inszenierung von «Flashdance» sein darf. «Ich freue mich sehr, dabei sein zu können und nach so langer Zeit wieder eine tolle Show zu sehen.» In der Schweiz ist die Tschechin gerne zu Besuch. Am meisten schätzt sie hier die Natur: «Die Berge und vor allem die Seen sind wirklich bezaubernd. Ausserdem bewundere ich, dass in der Schweizer Gesellschaft alles so funktioniert, wie es funktionieren sollte», fügt Kučerová an.

Von der Produktion am Walensee fühlt sich Kučerová persönlich berührt. Der berühmte Tanzfilm rund um Alex – deren grosser Traum es ist, Tänzerin zu werden – prägte schliesslich das Lebensgefühl einer ganzen Generation, zu der auch die Tschechin zählt. «Die Geschichte von Alex ist ein bisschen ähnlich wie meine eigene. Ich wollte auch an einer Kunstschule studieren und vor allem das machen, was ich liebe. Auch ich hatte Zweifel, ob ich es schaffen würde», erinnert sich die Kostümdesignerin. Und weiter sagt sie: «Der Film lässt Hoffnung aufkeimen, dass wir alle unsere Träume mit harter Arbeit erreichen können.»

Die Styles aus den 1980er-Jahren hat auch Kučerová mitgemacht. «Eine Dauerwelle hatten fast alle bei uns», sagt sie lachend. Dann wird die Kostümdesignerin, die nach dem Gymnasium als Grafikerin arbeitete, wieder ernster: «Als ich in den Achtzigern an der Mittelschule Modedesign studierte, herrschte der Kalte Krieg und die Tschechoslowakei hatte eine kommunistische Regierung.» Das hatte zur Folge, dass es fast keine Modesachen in den Geschäften gab. Man musste sich selbst zu helfen wissen. Und das tat Kučerová. «Wir jungen Mädchen haben unsere Kleidung im Stil damaliger ‹westlicher› Mode selbst entworfen und genäht», so die Kostümdesignerin. Die Menschen auf der Strasse seien schockiert über ihre Kleidung gewesen.

Für ihren aktuellen Auftrag hat Kučerová viele Kostümschätze in Secondhandshops und auf dem Flohmarkt in Wien gefunden. «In diesem Stück sind die unterschiedlichen Welten spannend, zwischen denen sich die Hauptfigur bewegt.» Alex müsse sich zwischen den unterschiedlichen sozialen Gruppen zurechtfinden, was für sie und auch kostümtechnisch eine grosse Herausforderung darstelle.

Dass es sich bei der Walensee-Bühne um eine Openair-Location handelt, stellt eine zusätzliche Herausforderung dar: «Ich muss bei den Kostümen an Schutz vor Kälte und schlechtem Wetter denken.»

Inspiration für historische Stücke findet Kučerová in Büchern oder im Internet, wie sie betont. Zudem versucht sie sich in die damalige Lebenssituation einzufinden. «Auch Bilder, Architektur, Skulpturen oder Kunst aus der jeweiligen Zeit inspirieren mich», meint die Kostümdesignerin. Für Stücke, die in der moderneren Zeit spielen, wirft sie gerne einen Blick auf die Menschen, denen sie unterwegs im Alltag begegnet, aber auch Fashion-Shows bringen ihr Ideen.

Arbeiten tut Kučerová laut eigenen Angaben am liebsten nachts. «Ich bin zwar fast jeden Tag in meinem grossen Atelier im Theater anzutreffen, aber so richtig kreativ werde ich erst, wenn die Sonne untergeht.» Bei ihren Eltern in der Region Hochland fühlt sie sich auch wohl, dort lässt sie gerne ihre Stifte über die Blätter schweifen, inmitten der wunderschönen Natur.

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